Hauptuntersuchung gewinnt an Bedeutung

04. Apr. 2016 Fahrzeugtechnik
Sofern im Automobil Systeme des assistierten und automatisierten Fahrens verbaut sind, muss gewährleistet sein, dass sie – wie auch die Systeme der passiven und aktiven beziehungsweise integralen Sicherheit – über das ganze Fahrzeugleben hinweg zuverlässig funktionieren. Denn nur dann können sie auch ihre erhoffte Wirkung entfalten. Der periodischen Fahrzeugüberwachung kommt daher in Zukunft eine noch größere Bedeutung zu als heute schon – auch angesichts der zunehmenden Komplexität der Systeme und der Gefahr von elektronischen Manipulationen. Angesichts der starken Zunahme elektronischer Systeme muss vor allem auch die Sicherheitspartnerschaft zwischen den Fahrzeugherstellern und den Überwachungsorganisationen neu ausgerichtet werden. Schon im Rahmen der Entwicklung und der Homologation der Fahrzeuge muss geregelt sein, wie die Prüfingenieure später diese Fahrzeuge untersuchen können.
Eine zentrale Rolle übernimmt dabei in Deutschland der zum 1. Juli 2015 eingeführte HU-Adapter. Mit diesem Tool können die Sachverständigen das Vorhandensein und die Ausführung der verbauten Sicherheitssysteme abfragen, aktuelle Sensordaten überwachen und die Funktion, die Wirkung sowie den Zustand sicherheitsrelevanter Fahrzeugsysteme überprüfen. Wie die ersten Erfahrungen zeigen, ist der HU-Adapter ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu noch mehr Verkehrssicherheit. So belegen Untersuchungen der FSD Fahrzeugsystemdaten GmbH mit Sitz in Dresden, dass mithilfe des neuen Tools bereits zahlreiche Mängel an ESP-Aggregaten sowie eine oftmals viel zu niedrige Bremsleistung an der Hinterachse von Pkw erkannt werden konnten.
Die Potenziale des HU-Adapters sind noch lange nicht erschöpft. Deshalb arbeitet die FSD/Zentrale Stelle zusammen mit den Behörden und den Prüforganisationen an der Intensivierung und weiteren Optimierung von Prüfmethoden unter Nutzung der Fahrzeugschnittstelle – ergänzt um Weiterentwicklungen in konventionellen Bereichen wie etwa der Verzögerungsmessung bei Krafträdern oder in zukünftigen Bereichen wie eCall und sicherheitsrelevanten Car-2-X-Funktionen.
Trotz aller Weiterentwicklungen bei den elektronischen Komponenten spielen die mechanischen Systeme selbstverständlich auch weiterhin eine wichtige Rolle in Sachen Verkehrssicherheit. Im Rahmen der Hauptuntersuchung werden daher die Brems- und die Lenkanlage ebenso unter die Lupe genommen wie lichttechnische Einrichtungen, Achsen, Räder und Reifen, Aufhängungen, Fahrgestell, Rahmen und Aufbau oder die Sichtbedingungen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Wie bedeutsam die periodische Prüfung ist, macht ein Blick auf die Ergebnisse der im Jahr 2014 durchgeführten Hauptuntersuchungen in Deutschland deutlich.
Alle Pkw zusammengenommen, waren nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes bei 38 Prozent der Fahrzeuge Mängel festzustellen, rund 23 Prozent der Fahrzeuge hatten sogar erhebliche Mängel. Den größten Anteil machten dabei mit 25 Prozent die lichttechnischen Einrichtungen aus, auf den Plätzen 2 und 3 dieser Negativ-Rangliste folgten mit knapp 20 Prozent die Bremsen und mit 14 Prozent die Achsen mit Rädern und Bereifung.
Immerhin ist die Zahl der mit Mängeln behafteten Fahrzeuge über die letzten Jahre hinweg konstant gesunken. Im Jahr 2000 wiesen noch knapp 50 Prozent der Pkw Mängel auf. Ein ganz entscheidender Faktor ist selbstverständlich das Fahrzeugalter. Und in diesem Punkt fällt auf, dass der Anteil der untersuchten Pkw mit einem Alter von über neun Jahren in Deutschland konstant zugenommen hat. Waren es 2012 noch 8,34 Millionen Fahrzeuge in dieser Kategorie, stieg diese Zahl bis 2014 auf 8,73 Millionen. Das sind über 44 Prozent aller untersuchten Pkw. Daraus wird ersichtlich: Die Deutschen fahren ihre Autos immer länger. Dies ist auch dem demografischen Wandel geschuldet und wird sich deshalb voraussichtlich noch weiter fortsetzen. Das Durchschnittsalter aller Pkw liegt hierzulande inzwischen bei 9,2 Jahren. EU-weit betrug 2014 das Pkw-Flottenalter nach Angaben des Europäischen Automobilherstellerverbandes ACEA knapp 9,7 Jahre – 2006 waren es „nur“ 8,4 Jahre.