Problem Ladungssicherung

07. Juni 2018 Faktor Mensch
Gefahren lauern im Lkw auch unter Planen und auf Ladeflächen. Denn durch schlecht oder ungesicherte Ladung kommt es jedes Jahr zu zahlreichen Unfällen – viele davon mit schweren Folgen. Laut amtlicher Statistik gab es 2016 in Deutschland 179 Unfälle mit Personenschaden und 360 Unfälle mit schwerem Sachschaden im engeren Sinne unter Beteiligung von Güterkraftfahrzeugen, bei denen „unzureichend gesicherte Ladung oder Fahrzeugzubehörteile“ als Ursache ausschlaggebend waren. Zu beachten ist bei der Interpretation dieser Zahlen jedoch die Dunkelzifferproblematik.
Unzureichend gesicherte Ladung ist aber nicht nur ein Thema für die Verkehrssicherheit. Denn durch die Unfälle sind häufig auch die Lkw-Fahrer selbst und andere Personen im und am Lkw während der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit betroffen. Da der Ladungssicherung also auch hinsichtlich der Arbeitssicherheit große Bedeutung zukommt, hat sich in Deutschland die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen diesem Thema unter dem Aspekt der Unfallprävention bereits sehr früh gewidmet. Als eines der ersten Standardwerke veröffentlichte sie im Jahr 1980 die Broschüre „Ladungssicherung auf Fahrzeugen“ – ein Handbuch für Unternehmer, Einsatzplaner, Fahrund Ladepersonal. Darauf aufbauend wurde das Niveau der praktizierten Ladungssicherung in den nachfolgenden Jahren in Deutschland immer weiter verbessert. Heute sind zahlreiche umfassende Handbücher über Ladungssicherung verfügbar.
DEKRA hat unter anderem durch die Herausgabe des „Praxisratgebers Ladungssicherung“ erstmals im Jahr 2007 seinen Beitrag dazu geleistet, dass sich der Praktiker zielgerichtet einen Überblick über die für ihn wichtigen Regelungen verschaffen und diese insbesondere auch verstehen sowie in die Praxis umsetzen kann. Darüber hinaus zeigen erfahrene Ausbilder von DEKRA Verladern und Kraftfahrern in speziellen Schulungen, wie ihre Ware sicher auf den Weg gebracht wird und beim Empfänger eintrifft und wie sie Unfälle vermeiden können. Im Angebot sind aber auch Schulungen für Führungskräfte.
Nicht ohne Grund. Ein Blick in die Straßenverkehrs- Zulassungs-Ordnung genügt, um die besondere Verantwortung gerade des Fahrzeughalters zu erkennen. Dort heißt es in § 31, Absatz 2: „Der Halter darf die Inbetriebnahme nicht anordnen oder zulassen, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein muss, dass … das Fahrzeug, …die Ladung oder die Besetzung nicht vorschriftsmäßig ist oder dass die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs, die Ladung oder die Besetzung leidet.“ Und in der dazugehörigen Dienstanweisung findet sich der Hinweis: „Bei unvorschriftsmäßigem Zustand eines Fahrzeugs oder der Ladung sind stets Ermittlungen anzustellen, ob neben dem Fahrer auch den Halter ein Verschulden trifft.“ Gemäß § 412 HGB ist außerdem der Absender beziehungsweise Verlader für die Ladungssicherung verantwortlich.
Bei den Schulungen geht es unter anderem um die physikalischen Grundlagen der Ladungssicherung und hierbei um so wichtige Fragen wie: Welche Kräfte wirken eigentlich bei den unterschiedlichen Einsatzarten und Verkehrssituationen auf die Ladung? Welche Prinzipien der Ladungssicherung gibt es überhaupt und wie funktionieren diese? Angesprochen wird auch die Auswahl des Fahrzeugs. Vor der Beladung muss klar sein, welcher Fahrzeugtyp sich unter Berücksichtigung von Art, Gewicht, Schwerpunkthöhe, Abmessungen und Verpackung der Ware für den jeweiligen Transport am besten eignet. Eingehend werden außerdem die verschiedenen Ladungssicherungs- Materialien behandelt, also die Funktionsweise und Handhabung beispielsweise von Zurrgurten, Sperrbalken, Netzen, Planen, Luftkissen, Antirutschmatten oder Drahtseilen. Darüber hinaus werden Spediteure beziehungsweise Frachtführer, Absender beziehungsweise Verlader und Fahrer aufgeklärt, mit welchen verkehrs- und strafrechtlichen Folgen sie bei eventuellen Verstößen unter Umständen zu rechnen haben.
Grundlage für viele Verladungen im Straßengüterverkehr sind seit Jahren auch die von DEKRA durchgeführten Zertifizierungen von Fahrzeugaufbauten und Bauteilen nach den geltenden europäischen und nationalen Normen sowie Richtlinien. Dabei werden in enger Abstimmung mit den Kunden aus der Transportwirtschaft Ladungssicherungsmaßnahmen entwickelt, die sowohl wirtschaftlich wie auch vorschriftenkonform und sinnvoll sind. Die in statischen oder dynamischen Versuchen nachgewiesene Wirksamkeit der Maßnahmen wird durch das DEKRA Siegel Ladungssicherung dokumentiert.
Tatsache ist: Deutschland und deutsche Spediteure gehören heute zu den international anerkannten Vorbildern. Ist man allerdings in Europa unterwegs, braucht man nicht sehr weit zu fahren, um zu erkennen, dass das Thema Ladungssicherung in einigen Ländern noch sehr entwicklungsfähig ist. Für den transkontinentalen Gütertransport ergeben sich daraus neue Herausforderungen. Hier dürfen bei der Sicherheit keine Abstriche in Kauf genommen werden – insbesondere dürfen keine Wettbewerbsverzerrungen durch Kostenvorteile aufgrund nicht ordnungsgemäß oder gar nicht durchgeführter Ladungssicherung entstehen.
Eine angemessene Kontrolle ist deshalb im laufenden Verkehr wie auch an den Grenzübergängen notwendig. Sehr wichtig ist hierbei, dass diese Kontrollen einheitlich durchgeführt werden. Ansonsten entstehen unnötige Unsicherheiten und Zeitverluste, die letztlich der Akzeptanz von Ladungssicherung in der Praxis schaden. Das strategische Ziel muss sein, eine einheitliche Ladungssicherung im gesamten europäischen Wirtschaftsraum zu etablieren und durchzusetzen. Das geschieht zukünftig vor allem auf Grundlage der Richtlinie 2014/47/ EU über die technische Unterwegskontrolle der Verkehrs- und Betriebssicherheit von Nutzfahrzeugen, die in der Europäischen Union am Straßenverkehr teilnehmen.

Vorbeugende Schadenverhütung im Fuhrpark

Ein wichtiger Punkt darf rund um den Faktor Mensch nicht vergessen werden: Ganz oben auf der Tagesordnung sollte in jeder Nutzfahrzeugflotte das vorbeugende Risiko- Management stehen. Denn durch gezielte Maßnahmen können Schäden schon im Vorfeld vermieden und somit die Sicherheit und Wirtschaftlichkeit des Fuhrparks deutlich erhöht werden. Schließlich gefährdet jeder Unfall unter Umständen die Gesundheit oder sogar das Leben der eigenen Mitarbeiter sowie Dritter und ist für ein Unternehmen außerdem mit teilweise hohen Folgekosten verbunden. Mit Folgekosten, die auch von der Versicherung nicht gedeckt sind. Das kann bei entsprechend vielen Schäden oder einzelnen Großschäden ganz schön ins Geld gehen und sogar strafrechtliche Konsequenzen haben. In Extremfällen kann als Folge die Existenz des gesamten Unternehmens auf dem Spiel stehen. Darüber hinaus schädigt jeder Unfall das Image der Firma.
Ganz wichtig sind in diesem Zusammenhang Maßnahmen, die exakt auf die Anforderungen und Problembereiche des betreffenden Fuhrparks zugeschnitten sind. Mit Standardlösungen und Standardtrainings erreicht man dagegen nur wenig. Zunächst sind also die Schadenschwerpunkte herauszuarbeiten, bevor es an die Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen etwa in Form theoretischer und praktischer Fahrerschulungen oder Fahrsicherheitstrainings geht.
Um dauerhaft wirkungsvoll zu sein, dürfen die Maßnahmen außerdem nicht als einmaliges Ereignis gesehen werden. Risiko-Management ist vielmehr ein kontinuierlicher Prozess. Ein weiterer entscheidender Punkt ist die aktive Einbeziehung der Entscheidungsträger ins Risiko- Management. Insbesondere die Führungskräfte müssen für das Schadengeschehen im Unternehmen sensibilisiert werden und mit gutem Beispiel vorangehen. Schließlich ist der Fahrer lediglich ein Teil der Gesamtstruktur jeder Fahrzeug-Flotte. Ebenso wichtig ist ein regelmäßiges Controlling, um die getroffenen Maßnahmen auf ihre Wirkung hin zu überprüfen.