Technische Sicherheit rettet Leben

12. Mai 2022 Fahrzeugtechnik

Das speziell in der Fahranfängerphase hohe Unfallpotenzial lässt sich mithilfe der Fahrzeugtechnik durchaus verringern. Dabei spielt unter anderem auch der stetige Fortschritt bei der Digitalisierung der Fahrzeugantriebe in Verbindung mit dem Bedien-Equipment eine entscheidende Rolle. Dafür dürfen die verbauten Systeme allerdings keine gravierenden Mängel oder unzulässigen Bauartveränderungen aufweisen und müssen einwandfrei funktionieren. Wie wichtig das ist, hat DEKRA in mehreren Fahrversuchen erneut eindrücklich unter Beweis gestellt. In Zukunft könnten dabei grundsätzlich auch Systeme wie der automatische Speedlimiter das Unfallrisiko reduzieren. Schließlich gehört überhöhte beziehungsweise der Situation nicht angepasste Geschwindigkeit zu den Hauptunfallursachen junger Fahrer.

Das erste eigene Auto: lange herbeigesehnt als Symbol des Erwachsenseins, Inbegriff einer endgültig selbstbestimmten Mobilität und in vielen Ländern Zeichen der Volljährigkeit nach außen. Die Anforderungen und Wünsche junger Fahranfänger sind dabei breit gefächert, Modelle und Ausstattungsvarianten zur Erfüllung nahezu jeder Vorstellung stehen zum Angebot. Wären da nicht der Anschaffungspreis, die Folgekosten und oftmals auch von den Eltern gesetzte Eckpunkte. Klar ist, dass Wohnort und geplanter Einsatzzweck wichtige Kriterien bei der Fahrzeugauswahl sind. Fahranfänger im urbanen Raum, die primär Kurzstrecken zurücklegen und über keinen eigenen Parkplatz verfügen, werden gegebenenfalls zu einem anderen Fahrzeug greifen als gleichaltrige Fahranfänger, die im ländlichen Raum leben und das Auto für die täglichen 30 Kilometer zur Ausbildungsstätte und zurück benötigen.
Unabhängig vom Wohnort tragen persönliche Vorlieben zur Entscheidungsfindung bei. Ob sportlich oder knuffig, unter dem Motto „Hauptsache, rot und glänzend“ oder mit der Mindestanforderung 95 kW und Bluetooth- Schnittstelle: Solche Themen spielen genauso eine Rolle wie die eigene Einstellung zu Nachhaltigkeit und Sicherheit. Auch können sich nur die wenigsten jungen Fahranfänger ein Neufahrzeug leisten, und ein Zweitwagen der Eltern steht häufig nicht zur Verfügung. Die Auswahl begrenzt sich daher oftmals auf günstige ältere Kleinst- und Kleinwagen. Gerade diese Kombination kann aber in puncto Sicherheit viele Schwachstellen haben – erst recht, wenn das Fahren während der Fahrausbildung auf vergleichsweise neuen Pkw mit hohem technischen Standard erlernt wurde. Nach Angaben der Europäischen Fahrlehrer-Assoziation gibt es hier allerdings von Land zu Land große Unterschiede.

INDIVIDUELL, ABER SICHER

VIELE PARAMETER BEEINFLUSSEN DIE FAHRZEUGSICHERHEIT

Entsprechend der Zielsetzung dieses Reports sollen an dieser Stelle einige Aspekte näher beleuchtet werden, die es aus Sicht der Verkehrssicherheit bei der Fahrzeugwahl insbesondere für junge Fahranfänger zu beachten gilt. So kann eine gute Rundumsicht – gegebenenfalls ergänzt durch Parksensoren oder eine Rückfahrkamera – das Risiko von Kollisionen beim Ein- und Ausparken deutlich verringern. Ein möglichst kleiner Wendekreis bei insgesamt geringer Fahrzeuglänge reduziert den Stress bei der Parkplatzsuche und beim Einparken.
Vor allem gute Bremsen tragen wesentlich dazu bei, Unfälle zu vermeiden oder zumindest die Unfallfolgen abzuschwächen. Unabhängige Fahrzeugtests zeigen immer wieder, dass es hier bereits bei Neufahrzeugen nennenswerte Unterschiede gibt. Der Wartungszustand der Bremsen spielt aber bei Gebrauchtfahrzeugen ebenfalls eine wichtige Rolle. Beides sollte beim Fahrzeugkauf berücksichtigt werden. Die besten Bremsen bringen allerdings nichts, wenn an den Reifen gespart wird. Zu alte oder abgefahrene Reifen, qualitativ minderwertige Billigreifen, nicht zum Fahrzeug passende Rad-Reifen-Kombinationen oder Mischbereifung können die Fahrdynamik und das Bremsverhalten äußerst negativ beeinflussen und auch zu Unfällen führen. Dasselbe gilt für nicht zum Fahrzeug passende oder schlecht abgestimmte Tieferlegungen oder sonstige Fahrwerksmodifikationen.
Wenn es ein individualisiertes Fahrzeug sein soll, darf das nicht zulasten der Sicherheit gehen. Die Zuverlässigkeit von Fahrzeugen spielt bei der Kaufentscheidung in der Regel eine wichtige Rolle. Elektronische Systeme werden dabei immer wieder als Fehlerquelle mit Ausfallzeiten und hohen Reparaturkosten genannt. Allerdings darf dies nicht dazu führen, auf elektronische Fahrerassistenz- und Sicherheitssysteme zu verzichten. Das elektronische Stabilitätsprogramm ESP darf bei keinem Führerscheinneuling fehlen. Totwinkelassistent, Spurverlassenswarner, Verkehrszeichenerkennung und Systeme, die bei zu dichtem Auffahren warnen, sind aktuell in zahlreichen auf dem Gebrauchtwagenmarkt angebotenen Kleinwagen zwar nicht Bestandteil der Ausstattung, beim Fahrzeugkauf aber definitiv eine Überlegung wert.
Ein genauer Blick lohnt sich auch auf die Beleuchtung. So sind Xenon- oder LED-Scheinwerfer seit einiger Zeit auch im Kleinwagensektor im Angebot, ebenso adaptive Lichtsysteme. Sie bieten gerade jungen Fahranfängern, insbesondere wenn sie viel im ländlichen Raum unterwegs sind, einen Zugewinn an Sicherheit. Ein Fernlichtassistent hilft, dass das Fernlicht immer dann eingeschaltet ist, wenn es möglich ist. Gerade im Kurvenbereich kann das Abblenden mit eingeschlagenem Lenkrad bei plötzlich auftauchendem Gegenverkehr bei unerfahrenen Lenkern immer wieder zu Stresssituationen oder ungewollten Lenkbewegungen führen.
Kleinere Dellen und Kratzer lassen sich nicht immer vermeiden, sie reduzieren aber den Preis und machen solche Fahrzeuge damit für Fahranfänger mit kleinem Geldbeutel interessant. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn das Fahrzeug deutliche Rostspuren oder nicht fachgerecht reparierte Unfallschäden aufweist. Beides kann die Sicherheit der Insassen bei einem Unfall deutlich beeinträchtigen. Nicht fachgerecht durchgeführte Reparaturen können zudem das Fahrverhalten negativ beeinflussen und so das Unfallrisiko erhöhen. Bei Zweifeln sollte man also lieber die Finger davon lassen oder das Fahrzeug von einem unabhängigen Sachverständigen begutachten lassen.

NCAP-TESTS LIEFERN WICHTIGE ANHALTSPUNKTE

Wichtig ist gerade für junge Fahranfänger, vor der endgültigen Wahl eines Modells möglichst viele unterschiedliche Fahrzeuge Probe zu fahren. Nur so „erfährt“ man, in welchem Fahrzeug man sich wohlfühlt und in welchem nicht, welche Features als hilfreich empfunden werden und welche Bedienkonzepte eher verwirrend sind. Sich im Fahrzeug wohlzufühlen, ist wichtiger als Design oder eine Markenvorliebe. Wichtige Hinweise auf die Sicherheit eines Fahrzeugs geben zudem Verbraucherschutztests aus dem jeweils regionalen „New Car Assessment Program“ (NCAP). Mit bis zu fünf Sternen werden hier seit vielen Jahren sicherheitsrelevante Aspekte bewertet. Dabei gilt es allerdings zu beachten, dass sich auch diese Programme weiterentwickeln und daher die Bewertungen von Fahrzeugen unterschiedlicher Baujahre nicht unbedingt miteinander vergleichbar sind. Auch sollte beim Kauf eines Autos die letzte Fahrzeugprüfung nicht allzu weit zurückliegen.