DEUTLICH MEHR GETÖTETE MOTORISIERTE ZWEIRADFAHRER IN DEN USA ALS IN DER EU
Was die Motorradfahrer anbelangt, verzeichneten die Vereinigten Staaten zwischen 2000 und 2007 einen starken Anstieg bei den tödlich Verunglückten mit leicht steigender Tendenz in den letzten Jahren. Seit 2007 pendelte die Zahl zwischen 4.500 und 5.500 pro Jahr. Insgesamt macht der motorisierte Zweiradverkehr in den USA, bezogen auf die Todesopfer, etwa 14 Prozent des Gesamtunfallgeschehens aus. Zwar kommen dort bei Verkehrsunfällen nach wie vor die meisten Menschen mit dem Pkw ums Leben. Dennoch ist der Anstieg an Todesopfern im motorisierten Zweiradverkehr äußerst bedenklich.
Beim Vergleich der USA mit der EU fällt auf, dass in der EU die Zahlen der getöteten Nutzer motorisierter Zweiräder relativ konstant bis zum Jahr 2013 fielen, die Zahl der Todesopfer halbierte sich beinahe von etwa 8.000 im Jahr 2000 auf etwa 4.500 im Jahr 2017. Seit 2013 stagniert allerdings auch hier die Zahl der tödlich verunglückten Verkehrsteilnehmer auf Motorrädern und Motorrollern. Etwa 18 Prozent aller getöteten Verkehrsopfer starben damit 2017 auf dem motorisierten Zweirad. Den größten Anteil dabei verzeichnen die Länder Italien, Frankreich und Deutschland. Hervorzuheben sind außerdem die südeuropäischen Länder wie Spanien und Griechenland, in denen traditionell der Zweiradverkehr eine große Rolle spielt. Bezogen auf die Einwohnerzahlen, ergibt sich folgendes Bild: In den USA stieg die Zahl der getöteten Motorradfahrer, bezogen auf eine Million Einwohner, in den Jahren 2000 bis 2008 von 10 auf 17 und pendelt seitdem zwischen 14 und 16. Die Länder der EU verzeichneten in diesem Zeitraum einen relativ konstanten Rückgang von mehr als 16 auf 9 getötete Motorradfahrer pro einer Million Einwohner im Jahr 2013. Seitdem stagniert der Wert bei dieser Marke.
Die hohe Zahl an getöteten Motorradfahrern in den Vereinigten Staaten ist insbesondere deshalb schockierend, wenn man einen genaueren Blick auf die Fahrleistung wirft: In der EU wird dreimal mehr mit dem Motorrad gefahren als in den USA – trotzdem ist die Zahl der getöteten Motorradfahrer in den Vereinigten Staaten heute höher. Jedoch ist auch in den Jahren 2000 bis 2008 in den USA nahezu eine Verdopplung des Verkehrs mit dem motorisierten Zweirad zu erkennen, was eine Erklärung für die steigenden Todeszahlen in diesem Zeitraum liefert. Dementsprechend unterscheiden sich die Zahlen der Todesopfer, bezogen auf die Verkehrsleistung. In den USA starben 2017 etwa 137 Menschen pro einer Milliarde mit dem Motorrad zurückgelegter Kilometer, in der EU lediglich 36. Das sind mehr als dreieinhalbmal so viele. Es ist weiterhin festzustellen, dass die Zahl der Todesopfer, bezogen auf die Verkehrsleistung, in der EU zwischen 2000 und 2017 kontinuierlich gesunken ist, während sie im selben Zeitraum in den USA stagniert, ja sogar leicht angestiegen ist.
Eine Ursache für diese Entwicklung in den USA ist mit Sicherheit, dass viele Bundesstaaten schon ab den späten 1970er-Jahren ihre Gesetzgebung in Bezug auf die Helmpflicht gelockert haben. Aktuell gibt es nur noch in 19 Staaten eine allgemeine Helmpflicht. In 29 Staaten gilt die Helmpflicht nur bis zu einem bestimmten Alter (18 bis 21 Jahre), teilweise zusätzlich für Fahranfänger. In Iowa und Illinois gibt es gar keine Helmpflicht. Nach Angaben der National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) kamen 2017 in den USA 5.172 Motorradfahrer im Straßenverkehr ums Leben. Hiervon waren 39 Prozent ohne Helm unterwegs. Ein ernsthaftes Problem stellt auch das Fahren unter Alkoholeinfluss dar. Bei 28 Prozent der Getöteten wurde eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,8 Promille ermittelt. Bei den Alleinunfällen lag dieser Wert sogar bei 42 Prozent.
Auch die zunehmende Popularität des Motorrads gerade bei „älteren“ Verkehrsteilnehmern hat zweifelsohne ihre Spuren hinterlassen. Waren es Mitte der 1970er-Jahre vor allem die bis 30-Jährigen, die mit einem Anteil von rund 80 Prozent aller getöteten Motorradfahrenden eine besondere Risikogruppe darstellten, so hat sich dieses Bild grundlegend gewandelt. Heute sind es die über 50-Jährigen, die mit einem Anteil von rund 36 Prozent die am stärksten vertretene Altersgruppe darstellen. Die bis 30-Jährigen liegen mit 28 Prozent an zweiter Stelle. Die Gründe für diesen Anstieg bei den älteren Motorradfahrern – immerhin sind 91 Prozent der getöteten Motorradfahrenden über 50 Jahre männlich, bei den über 70-Jährigen sogar 97 Prozent – werden von US-amerikanischen Experten in der Selbstüberschätzung gesehen. Wer als junger Mensch viel mit dem Motorrad unterwegs war und dann nach längerer, zum Beispiel familiär bedingter Pause wieder aufs Bike steigt, hat sicher noch das gleiche Freiheitsgefühl, aber nicht mehr die gleiche Erfahrung, Reaktionsfähigkeit und allgemeine Fitness. Zusätzlich erhöht wird das Risiko durch die Möglichkeit, sich große und leistungsstarke Maschinen zu leisten.